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Training / Gesundheit

Die richtige Zäumung für dein Pferd – 7 Dinge, die du wissen musst

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Ganz ehrlich – bist du dir zu 100% sicher, dass die Zäumung deines Pferdes korrekt sitzt und auch das Gebiss passend ist? Oft macht man sich gar nicht so richtig Gedanken darüber, ob das verwendete Zaumzeug richtig passt. Vielleicht, weil es nicht das eigene Pferd ist, oder man es eben vom Vorbesitzer übernommen hat. Doch schaut man sich mal in den Reitställen um, fällt auf, dass tatsächlich ein Großteil der verwendeten Zaumzeuge nicht richtig sitzt. Entweder ist das Gebiss nicht passend oder das Kopfstück falsch verschnallt. Da gibt es viele Baustellen, an denen es scheitern kann.

Damit dir und deinem Pferd das nicht passiert und du optimal aufgeklärt bist, bevor du ein Zaumzeug verwendest oder anschaffst, möchten wir in diesem Beitrag die wichtigsten Punkte rund um das Zaumzeug abklären.

Anatomie – wie viel Platz ist im Pferdemaul?

Wahrscheinlich weißt du bereits, dass im Pferdemaul scheinbar viel Platz ist für ein Gebiss. Schließlich gibt es eine weite Lücke zwischen den Schneidezähnen vorne und dem Beginn der Kauleiste mit den Backenzähnen hinten. Doch dieser Eindruck täuscht, denn wahrhaftig ist im Pferdemaul weit weniger Platz für das Gebiss.

Bildquelle: carepet.de

Zum einen kommt es darauf an, wie lang die Maulspalte des Pferdes ist und wie fein die Maulwinkel sind. Zum anderen ist zwischen Ober- und Unterkiefer bei geschlossenem Maul etwa 3,5 – 4 cm Platz, hinzu kommt die Zunge mit etwa 2 cm. Für die Dicke des Gebisses bedeutet das, dass nur etwa 1,5 cm Platz im Pferdemaul übrig sind, wenn überhaupt. Hinzu kommen bei Wallachen und Hengsten, sehr selten jedoch auch bei Stuten (!) die Hengstzähne. Je nach Ausprägung und Lage können diese extrem störend in der Verwendung eines Gebisses sein und zu extremen Rittigkeitsproblemen führen. Die Lösung ist hier oft das ziehen der Zähne, da sie bei unseren domestizierten Pferden keinen Zweck erfüllen. Oder man greift auf eine gebisslose Variante zurück.

Gebissstärke

Zugegeben die Messung der optimalen Gebissstärke ist schwierig. Eine gute Methode ist das messen mit den eigenen Fingern. Dafür nimmst du vorsichtig die Zunge deines Pferdes seitlich aus dem Maul, sodass sie beim Messen nicht stört. Dann legst du zwei Finger auf die untere Lade, da wo das Gebiss in etwa sitzen wird. Hast du nun schnell Kontakt zur oberen Lade, wenn dein Pferd das Maul schließt, solltest du zu einem dünneren Gebiss greifen. Ist noch etwas Platz übrig, kann es auch ein dickeres sein.

Generell ist es jedoch eher problematisch, wenn das Gebiss zu dick ist als anders herum. Denn wenn dein Pferd eh schon wenig Platz im Maul hat und dann noch ein dickes Gebiss hinzukommt, entstehen oft Scheuerstellen und Entzündungen am Gaumendach. Und das ist extrem unangenehm fürs Pferd und wird dann in der Ausbildung auch nicht zur gewünschten Anlehnung führen.
Grundsätzlich sind Gebisse am äußeren Rand immer am stärksten und verjüngen sich zur Mitte hin.

Gebissweite

Hier wird es jetzt etwas eindeutiger und einfacher, denn die optimale Gebissweite lässt sich gut messen. Dafür muss man zunächst wissen, von wo bis wo denn gemessen wird? Tatsächlich wird nicht die gesamte Breite des Gebisses gemessen, sondern das Innenmaß genommen. Also von einer Loch Innenseite zur anderen.
Wichtig bei der Weite ist, dass das Gebiss nicht zu eng aber auch nicht zu weit ist. Ist es zu eng, kann der empfindliche Maulwinkel zwischen Gebiss und Seitenteil eingeklemmt werden. Ist es zu weit, verändert sich die Auswirkung bei Zügelannahme und kann unerwünschte Effekte haben.

Es sollten etwa 0,5 cm Platz zwischen Lefze und Seitenteil sein. Dies gilt jedoch nur für Gebisse mit beweglichen Seitenteilen/-ringen wie beispielsweise der klassischen Wassertrense.
Wird ein Olivenkopfgebiss, eine Schenkeltrense o.ä. verwendet, die nur in einer Eben beweglich sind, dann muss das Gebiss etwa 1-1,5 cm kleiner gewählt werden. Nur so können dieses Gebisse auch wirken, wie sie sollen und liegen seitlich gut an.

Bildquelle: Kraemer.de

Wie messe ich denn nun die Weite? Hast du mehrere Gebisse im Stall zur Auswahl kannst du dich natürlich einfach durchprobieren. Dafür ziehst du das Gebiss rechts und links zur Seite, wenn es im Pferdemaul liegt und prüfst, wie viel Platz zwischen Lefze und Seitenteil ist. Hast du diesen Luxus des Ausprobierens nicht, gibt es auch ganz simple Schablonen, mit denen du gleich die optimale Weite messen kannst. Diese Schablonen gibt es bei fast allen Herstellern.

Material

1 = doppelt gebrochene Wassertrense
2 = einfach gebrochene Wassertrense
3 = Olivenkopfgebiss
4 = Knebeltrense
5 = Stangengebiss mit Zungenfreiheit
Bildquellen: Kraemer.de

Beim Thema Material scheiden sich oft die Geister, denn unsere technologische Welt macht auch vor der Pferdebranche keinen Halt. Es gibt inzwischen also neben den klassischen Metall-Gebissen auch allerlei Schnickschnack aus Kunststoff. Mal soll das besonders freundlich zum Pferdemaul sein, mal den Speichelfluss anregen und ähnliche Spielereien.

Metall-Gebisse sind entweder aus Edelstahl oder einer Kupferlegierung. Edelstahl hat den Vorteil, dass es relativ hart also beständig ist und zudem geschmacksneutral. Verschiedenste Kupferlegierungen sind etwas weicher und nutzen sich gerade bei Wassertrensen an der Seite, an der der Trensenring durch läuft schneller ab. Deshalb sollte hier regelmäßig auf scharfe Kanten kontrolliert werden. Außerdem oxidiert Kupfer und gibt dabei einen süßlichen Geschmack ab, weshalb manche Pferde diese Gebisse sehr gern haben.

Wir sind für das klassische Metall-Gebiss und sind der Meinung, dass das meiste an Innovationen im Bereich Gebisse nur eine Mogelpackung und eine vermeintliche Abkürzung zu besserem Reiten sind. Gibt es Probleme in der Anlehnung, beim Speicheln oder anderen Dingen, muss zunächst das Material und dann die Reiterei überprüft werden. Das Symptom durch schickes und teures Equipment auszuschalten wird die Ursache des Problems nicht beseitigen.

Wirkungsweise der gängigsten Gebisse

Doppelt gebrochenes Gebiss

Ein doppelt gebrochenes Gebiss wirkt auf die Zunge und die Laden des Pferdes. Durch die zwei Gelenke in der Mitte stellt sich das Gebiss bei beidseitigem Zügelzug nicht auf. Es drückt dadurch nicht an den Gaumen, kann aber die Zunge stark quetschen. Auch durch ein anspannen der Zunge kann sich das Pferd bei starkem Zug keine Erleichterung verschaffen.

Einfach gebrochenes Gebiss

Das einfach gebrochene Gebiss hat lediglich ein Gelenk in der Mitte und wirkt dadurch auf Laden und Zunge. Bei einseitigem Zügelzug wirkt es vermehrt auf die Lade und ermöglicht so eine feine Hilfengebung (bei feiner Reiterhand). Durch ein Anspannen der Zunge kann das Pferd das Gebiss leicht Richtung Gaumen schieben und so den Druck etwas abmildern. Der gefürchtete „Nussknacker-Effekt“ dieses Gebisses konnte inzwischen wissenschaftlich widerlegt werden.

Stange

Ein Stangengebiss wird meist erst später in der Ausbildung eingesetzt, wenn überhaupt. Es wirkt auf Zunge und Laden und stellt sich bei einseitigem Zügelzug so auf, dass es auch auf die obere Lade wirkt. Die Hilfengebung kann damit sehr fein erfolgen, aber auch schnell sehr scharf werden.

Wirkungsweise Seitenteile

Über die Art der Seitenteile sind Gebisse in ihrer Wirkung sehr unterschiedlich. Dafür schauen wir uns zunächst an, auf welche Punkte eine Zäumung wirken kann:

Mögliche Wirkungspunkte der Zäumung

1 = Zunge und Ober- & Unterkieferladen

2 = Nasenrücken

3 = Unterkieferast

4 = Genick

Bewegliche Seitenteile wie beispielsweise die Ringe bei einer Wassertrense wirken bei Zügelannahme lediglich auf die Zunge und die Unterkieferladen des Pferdes.

Gebisse mit starren Seitenteilen wie Olivenkopftrense, Knebeltrense und co. wirken ebenfalls auf Zunge und Unterkieferladen. Sie haben zusätzlich durch das eng anliegende Seitenteil eine seitwärtsweisende Funktion bei einseitiger Zügelannahme.

Pelham, Kandarre und co. wirken durch ihre Seitenteile mit Oberbaum und Einsatz einer Kinnkette auf drei Punkte: Zunge und Unterkieferladen, Genick und Unterkiefer.

Verschnallung – aber richtig!

Abschließend schauen wir uns noch an, warum die korrekte Verschnallung des Reithalfters so wichtig ist. Am Pferdeschädel gibt es einige markante Nervenaustrittspunkte, die empfindlich sind und durch ein falsch sitzendes Reithalfter auch sehr schmerzhaftem Druck ausgesetzt sein können. Um deinem Pferd ein solch unangenehmes bis schmerzhaftes Gefühl zu ersparen, solltest du unbedingt auf die korrekte Verschnallung achten. Beachte auch immer die Anatomie deines Pferdes! Nicht jede Art von Reithalftern ist für jeden Pferdekopf geeignet. Hier muss eventuell auch mal die bevorzugte Optik dem Wohl des Pferdes Vorrang geben 😉

Bildquelle: carepet.de

Neben dem Korrekten Sitz ist auch die Weite der jeweiligen Riemen entscheidend, bzw. wie fest oder locker diese verschnallt werden. Um nur kurz die wichtigsten drei Regeln ins Gedächtnis zu rufen:

Kehlriemen → eine Faustbreite Platz
Nasenriemen → zwei aufgestellte Finger breit, gemessen über dem knöchernen Nasenrücken!
Sperrriemen (wenn man ihn denn unbedingt verwenden möchte) → wie der Nasenriemen

Die richtige Zäumung für dein Pferd – Fazit

In der Wahl des Gebisses und des dazugehörigen Reithalfters gibt es einiges zu beachten. Um dir und deinem Pferd einen großen Gefallen zu tun, solltest du dieses Thema auch nicht auf die leichte Schulter nehmen. Rückschritte oder ausbleibende Fortschritte in der Ausbildung, Missverständnisse und eventuell sogar Schmerzen können oft schon durch die perfekt passende Ausrüstung vermieden werden. Suche dir also lieber Rat bei einem Fachmann/Fachfrau, wenn du dir unsicher bist oder frage erfahrene Stallkollegen/-kolleginnen. An erster Stelle steht jedoch dein Pferd – auch wenn sie leider nicht mit uns sprechen können, sagen sie trotzdem deutlich ihre Meinung, wenn man nur aufmerksam hinschaut.

HIER kannst du dir die wichtigsten Punkte nochmals als Checkliste downloaden 🙂


Quellen:

Uhlig, F. (2009). Darstellung der Lage verschiedener Trensengebisse im Pferdemaul bei Einwirkung unterschiedlich starken Zügelzuges am gerittenen Pferd im Halten. Veterinärmedizinische Universität Wien

Kienapfel, K., & Preuschoft, H. (2010). Viel zu eng! Über die Verschnallung der Nasenriemen. Pferdeheilkunde, 26(2), 178-185.

Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) 2021. LPO Ausrüstungskatalog – Springen, Dressur, Vielseitigkeit

FN-Filmreihe „Das passende Gebiss fürs Pferd“