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Pferdewirtschaft

Berufsbild „Trainer für Klassische Reitkunst“ – Interview mit Denise Fibich

Mit diesem Interview knüpfen wir an unsere Serie mit Berufsbildern aus der Pferdebranche an und möchten euch Denise vorstellen – sie ist Trainerin für klassische und akademische Reitkunst und lebt mit ihren Pferden in Salzburg, wo sie unter anderem mobilen Reitunterricht anbietet.

Im Interview verrät sie uns, warum sie Trainerin werden wollte, wie ihr Arbeitsalltag aussieht und was einen guten Trainer wirklich ausmacht. Vielen Dank für dieses Interview, liebe Denise! Und euch viel Spaß beim Lesen:)

*Alle Fotos gehören Denise Fibich. Eine private Verwendung ist nicht gestattet.*

Voriges Interview aus dieser Serie: Traumjob Pferdefotografie – Interview mit Valerie Oberreiter

Wolltest du schon immer Trainerin werden?

Eigentlich ja. Wenn ich ganz ehrlich bin. Als kleines Mädchen habe ich immer davon geträumt irgendwann meinen eigenen Hof zu haben und dort Pferde zu trainieren, Unterricht zu geben und natürlich ganz viele Pferde selbst zu besitzen. Zwischendurch wollte ich mal Popstar, Oscarpreisträgerin oder Model werden, aber diese Pläne waren dann doch eher nix für mich. Mittlerweile bin ich sehr glücklich, dass ich Pferde und ihre Menschen betreuen darf. Es ist tatsächlich ein Privileg für mich, diesen Beruf ausüben zu dürfen. 

Warum genau Trainerin?

Pferde sind für mich oft leichter und logischer zu verstehen, als Menschen – muss ich zugeben. Es ist für mich einfacher und oft authentischer, mit Pferden zu kommunizieren, als mit Menschen. Dabei haben wir diese authentische, intuitive Kommunikation noch irgendwo in uns, sie wurde uns nur abtrainiert. Und diese Kommunikation wieder zu finden ist, und das kann ich aus eigener Erfahrung sagen, eine der schwersten Sachen überhaupt. Das hat viel mit einem selbst und der inneren Einstellung und inneren Ruhe zu tun – was ja heutzutage in einer hektischen Welt nicht einfach zu finden ist. 

In meinem Unterricht fungiere ich sozusagen als Dolmetscher zwischen Mensch und Pferd. Ich erkläre viel und kann dadurch viel Klarheit schaffen und genau das ist meine Passion. Wenn ich zu SchülerInnen komme die verzweifeln, weil etwas nicht funktionieren möchte und nach wenigen Minuten gemeinsamer Arbeit sieht alles schon ganz anders aus und ein Lächeln huscht ihnen über die Lippen und die Pferde schnauben ab – dafür lebe ich! 

Welche Ausbildung hast du?

Puh, wie viel Zeit haben wir? Spaß bei Seite. Also nicht die, die man sich vielleicht jetzt erwarten würde. Ich habe den Reiterpass gemacht, danach zahlreiche Reitbeteiligungen gehabt und da eigentlich recht enttäuscht gemerkt, dass 8 Jahre Reitschule einem leider viel zu wenig beibringen, bzw. in meinem Fall wenig Produktives. Was man in herkömmlichen Reitschulen oft lernt ist ganz einfach, wie man oben bleibt. Und das über Jahre hinweg. Keiner erklärt einem das beinahe magische Lebewesen, das man da unter seinem Popo herumschiebt – im wahrsten Sinne des Wortes.

Ich war also im zarten Alter von ca. 14 Jahren schon sehr enttäuscht von der Reitschulwelt und habe mich sogar geschämt, so wenig über Pferde und das Reiten zu wissen. Und dann kam mein erstes Pferd Pinú’u – mein Traumpferd. Ich war 16 als er geboren wurde und hatte damals durchaus noch Turnierambitionen. Als ich ihn mit 4 angefangen habe auszubilden hat er mir aber ziemlich schnell klar gemacht, dass das so nichts wird und ich mich grundlegend ändern muss, damit er sich mit mir noch abgibt.

Ich war am Boden. Da habe ich dieses wunderbare Pferd an meiner Seite, das zurecht sagt: „Danke, so nicht!“, und weiß mir nicht zu helfen, trotz langen Jahren des Reitens. Und so begann eine lange, kräftezehrende, nervenaufreibende aber so einmalig wunderbare Phase der Umorientierung.

Ich fuhr mit Pinú’u auf Kurse von Honza Blaha, Manolo Oliva, Dörte Bialluch Vaz Pinto, Jossy Reynvoet, etc. und kam dann sehr schnell und nachhaltig weg vom „herkömmlichen“ englischen Reiten, das für mich einfach zu wenig auf das Pferd achtet, sondern es eigentlich leider oft mehr zum Schweigen bringt, hin zur klassischen und akademischen Reitlehre in Kombination mit Natural Horsemanship und Freiheitsdressur, mit der Ambition, Talente im Pferd zu entdecken, zu fördern und das Beste aus ihm herauszuholen.

Lange Rede kurz – 16 Monate Praktikum in Belgien bei Jossy Reynvoet, mehrere Kurse bei Dörte und Bent himself, zahlreiche Onlinekurse bei verschiedensten, renommierten Trainern und stete Weiterbildung und hier bin ich nun und möchte mein Wissen mit anderen teilen.

Es geht nicht um Schleifen oder irgendwelche Prüfungen, es geht darum, wertvolles Wissen weitergeben zu dürfen. 

Welche Leistungen bietest du an?

Ich biete mobiles Pferdetraining, mobilen Reitunterricht, Beritt, Verladetraining und bald auch Kinderponyreiten und Kinderreitstunden in Hallein auf meiner neuen, 4-beinigen Kollegin Mandala an. 
Das heißt, ich fahre zu Menschen mit ihren Pferden hin und nehme mich ihnen an, hole sie da ab, wo sie gerade stehen und erarbeite mit ihnen Ziele und einen Plan, wie man zu eben diesen Zielen (wenn diese nach realistischer Einschätzung auch erreichbar sind) am besten nachhaltig kommen kann. 

Schnappschuss von Mandalas Kauf

Was gehört alles zu deinem Job?

Alles. Im Ernst! Man ist Therapeut, Berater, Coach, Lehrer, Motivator, Taxi und vieles mehr. 
Aber das wichtigste ist eigentlich das Zuhören. Sowohl Mensch als auch Pferd. Kann ich nicht zuhören und auf subtile Signale achten, bin ich als Trainer fehl am Platz. 

Wie sieht ein typischer Arbeitstag für dich aus?

Einen typischen Arbeitstag gibt es in dem Sinn nicht. Zum Glück, das liebe ich ja so daran! Sagen wir mal so, meistens bin ich von früh bis spät in Ställen unterwegs, arbeite mit 4-6 Pferden und Menschen, dann noch mit meinen eigenen beiden und bin dann doch recht erledigt am Abend. Ich kann mir meine Zeit und Stunden aber sehr flexibel einteilen, was mir einerseits sehr entgegenkommt und andererseits mich als heillosen Chaot oft aus der Bahn wirft… striktes Zeitmanagement und ein übersichtlicher Kalender sind das Um und Auf! 

Was magst du besonders an deinem Job?

Die Pferde, die Natur, das viele draußen sein und das ganz besondere Gefühl, das man bekommt, wenn man jemandem helfen hat können und dieser jemand nun wieder mehr Spaß mit Pferden hat. Ich mag es auch sehr, nach langen Phasen der Selbstzweifel dann doch mit einem Erfolg belohnt zu werden. 

Was findest du an deinem Job besonders schwierig oder herausfordernd?

Wie gerade erwähnt die Selbstzweifel. Ich arbeite ständig daran, besser zu werden und mehr Wissen in Sachen Pferd zu erlangen. Und desto mehr ich lerne und lese, desto mehr habe ich das Gefühl, dass ich noch nicht einmal einen Bruchteil von dem, was es zu wissen gibt, weiß. Und das lässt einen schon manchmal hinterfragen, ob man denn tatsächlich so viel zu geben hat, dass andere davon profitieren können.

Ich habe aber bereits gelernt, dass ich über einiges an Wissen verfüge, was ich anderen durch meine Arbeit leicht zugänglich machen kann. Und das tue ich auch. Und wenn man dann Erfolge mit seinen Schülern feiert, wird man ja auch irgendwie darin bestätigt. 

Welche Eigenschaften, Kenntnisse oder Fähigkeiten sollte man mitbringen, wenn man Trainer:in werden möchte?

Gefühl, Empathie, und ein Wissen, das über kleine und große Touren hinausgeht. Kreativität und Ideenreichtum. Lösungen finden können für scheinbar festgefahrene Situationen. Und die Bereitschaft, sich auf Dinge einzulassen, die anfangs vielleicht abwegig klingen, im Nachhinein jedoch genau das i-Tüpfelchen waren, das noch gefehlt hat.

Man darf nie und nimmer glauben, man sei irgendwann am Ende des Weges angekommen. Nein, dieser Weg hat kein Ende, dafür aber hunderttausende Verästelungen, die man in einem einzigen Menschenleben kaum erforschen kann. Aber genau darin liegt ja der Reiz und die atemberaubende Schönheit der Arbeit mit Pferden. 

Was macht deiner Meinung nach eine wirklich gute Trainer:in aus?

Eigentlich genau das, was ich bei der vorherigen Frage beschrieben habe. Plus unendlicher Geduld. Manchmal stehe ich am Reitplatz und bin ziemlich angespannt weil einem Schüler das Umsetzen einer Übung sehr schwer fällt oder ein Pferd nicht und nicht versteht, was ich von ihm will. Wenn ich das bemerke weiß ich, es ist Zeit für eine Atempause. Also bleibe ich stehen, kurz Augen zu, einatmen, ausatmen, Lächeln und weiter geht’s. Das ist so meine 10-Sekunden-Meditation, die oft Wunder wirkt.

Wirklich tief und lange einatmen und dann so schnell oder langsam, kräftig oder weich ausatmen, wie es sich gerade richtig anfühlt. 

Welche Arbeitsmittel benötigst du?

So wenig wie möglich und so viel wie nötig. Also die Basisausrüstung besteht bei mir aus einem Knotenhalfter oder Kappzaum mit 3m-Strick und einer Naturholzgerte. Kein Blingbling und keine Schabrackensammlungen. Nur ich und das Pferd und so wenig wie möglich und so viel wie nötig zwischen uns. 

Was würdest du jemandem raten, der selbst Trainer:in werden möchte?

Überleg es dir gut. Das ist nicht nur ein Beruf, sondern eine Berufung, eine Lebenseinstellung. Dazu muss man „geboren“ sein und den Willen und Drive haben, viel dafür zu opfern – Zeit, aber oft auch Freundschaften und Sozialleben. Manch eine Reise oder diverse Einkaufstouren kann man sich abschminken, aber nichts ist unmöglich! Und schließlich wäre ein Leben ohne Pferde ein vergeudetes Leben.

Ich bekomme so viel Energie und Kraft von meinen Pferden und meiner Arbeit, und das jeden Tag, da brauche ich viel weniger Urlaub, als andere. Und oft, wenn man es zulässt und den Mut hat, erlebt man mit Pferden die besten und aufregendsten Abenteuer, um die einen andere sehr beneiden. Und man trifft auch immer wieder auf wahnsinnig tolle Menschen, die einen inspirieren und ermutigen in dem, was man tut. 
Also wenn du den Weg gehen willst, dann geh ihn unbedingt. Aber geh ihn von ganzem Herzen! 

Wenn du nicht Trainerin wärst, was würdest du dann machen?

Ganz klar, ich wäre Popstar ;). 

Was war die einprägsamste Situation bisher?

Puh, da gab es so viele! Aber eine sticht doch heraus. Eine meiner ersten Schülerinnen hatte eine Welsh Cob Stute, die einfach nicht mehr mitmachen wollte. Das einzige, was ging, war vom Putzplatz zum Reitplatz gehen, danach war es aus. Sie ist dann einfach stehen geblieben und hatte kein Interesse daran, irgendwas zu tun. Was genau davor passiert ist, ist mir nicht bekannt, aber ich habe die beiden dort abgeholt, wo sie waren.

Das war gleich am Anfang meiner Unterrichtskarriere eine ganz schöne Herausforderung. Ich war recht nervös, habe aber gleich bemerkt, dass es bei der Kommunikation einfach Missverständnisse zwischen den beiden gab und die Stute deshalb abgeschaltet hatte, weil sie einfach nicht verstand, was ihr Mensch von ihr wollte.

Also habe ich angefangen, ihnen eine gemeinsame Sprache näherzubringen. Und als sich gleich nach der ersten Einheit Erfolg einstellte, war ich überglücklich und stolz auf die beiden. Wir sind wirklich sehr weit gekommen, von einem Pferd, das nur noch still stand, bis hin zu einem Pferd das sich wieder problemlos führen und in allen Gangarten reiten ließ. Das ist mein erster Erfolg als Trainerin und ich denke sehr gerne daran, wenn manche Tage eher tough sind. 

Hast du einen Lieblingstipp für das Training zu Hause/die Zeit zwischen den Einheiten mit Trainer/…?

Ja. Verbring sie mit deinem Pferd. Und sei ANWESEND. Kein Handy, keine Ablenkungen. Nimm dir Zeit, 5, 10, 15, 60, 1200 Minuten und verbringe sie mit deinem Pferd. Sei einfach da, ohne was zu wollen. Beobachte dein wunderbares Pferd, schau wie schön es ist, wie es mit anderen interagiert, wie viel es fressen kann und wie es döst, oder schläft. Aber sei einfach ein Teil der Umgebung, einfach da.

Das bringt so wahnsinnig viel für die Beziehung zwischen Mensch und Pferd und ist aber so unterschätzt, weil wir immer denken, wir müssen was tun und aktiv mit dem Pferd arbeiten, damit wir voran kommen und das Pferd nicht zu dick wird, etc. Aber in Wahrheit liegt unglaublich viel Kraft und Fortschritt in dieser Übung. Ich glaub, ich mach das morgen gleich mit meinen! 

Möchtest du uns sonst noch etwas mitgeben?

Ja! Geht raus, habt Freude an und mit euren Pferden und werdet ruhig. Seid ihr selbst und fangt an, euch selbst wieder zu spüren und die Momente zu erfühlen. Gefühl ist absolut das Wichtigste bei der Arbeit mit Pferden
Aber vor allem – habt Spaß und nehmt das Leben nicht allzu ernst. Dann wird vieles leichter! 

Möchtest du mehr über Denise erfahren oder Unterricht bei ihr buchen?

Du erreichst Denise auf ihrer Website unter https://naturalartofriding.com/ , auf Facebook oder auch über Instagram.

Außerdem hat Denise mit dem Reitwegenetz Österreich ein tolles neues Projekt gestartet, auf das wir uns auch persönlich schon sehr freuen 🙂 Schaut vorbei auf Instagram!