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Fütterung

Das kleine 1×1 der Pferdefütterung

Inhalt

“Du bist, was du isst!“ – Das gilt auch für Pferde. Wenn du dein Pferd über lange Zeit gesund und leistungsfähig halten möchtest, solltest du auf die richtige Fütterung genauso viel Wert legen wie auf eine tiergerechte Haltung. 

Über Pferdefütterung lassen sich ohne weiteres ganze Bücher schreiben (z.B. dieses hier), dieser Artikel soll dir daher als kurze Übersicht und Einstieg in die Materie dienen. Im ersten Teil sehen wir uns an wie das Pferd fressen sollte und im zweiten Teil, was es fressen sollte. 

Das „Wie“

Pferde sind reine Pflanzenfresser, die sich auf relativ nährstoffarme Nahrung spezialisiert haben. Das ist auch einer der Gründe, warum Rinder und Pferde nicht die gleiche Art von Heu bekommen sollten – Pferde vertragen reichhaltigeres Heu, wie es Kühen verfüttert wird, nicht gut. 

In ihrem natürlichen Lebensraum, der Steppe, steht Pferden zwar meist viel, aber wenig reichhaltige Nahrung zur Verfügung. Um trotzdem mit genügend Kalorien und Nährstoffen versorgt zu werden, müssen Pferde sehr große Mengen fressen. Ihr Körper hat sich daher darauf spezialisiert, viele Stunden am Tag mit der Nahrungsaufnahme in relativ kleinen Mengen zu verbringen. Dieses viele und lange Fressen ist dem Pferd ein Grundbedürfnis, das unbedingt in der Pferdehaltung berücksichtig werden sollte. 

Bei der natürlichen Nahrungsaufnahme sowie beim Wechsel zwischen geeigneten Futter- und Wasserstellen bewegt sich das Pferd kontinuierlich fort und legt so am Tag viele Kilometer zurück. Diese Bewegung hilft dem Pferd bei der Verdauung, da sie die Peristaltik anregt.  

Lange Fresspausen (mehrere Stunden) stressen ein Pferddaher nicht nur psychisch, sondern auch physisch. Um die rauen Steppengräser richtig verdauen zu können, produzieren Pferde nämlich rund um die Uhr Magensäure. Dass das Pferd inzwischen domestiziert ist, hat daran nichts geändert – die Verdauung des Pferdes funktioniert unverändert. Frisst ein Pferd nun (mengenmäßig) zu wenig, ist in Relation zur Futtermenge viel zu viel Magensäure vorhanden, was für den Verdauungstrakt naturgemäß nicht gut sein und – gerade in Verbindung mit Stress – auch mitunter zu Magengeschwüren führen kann. 

Wildlebende Pferde fressen viele verschiedene Arten von Pflanzen, zusätzliche Nährstoffe werden über Samen, frische Triebe und teilweise mineralienhaltige Erde aufgenommen. Diese ergänzenden Komponenten machen mengenmäßig allerdings nur einen sehr kleinen Teil der Ernährung aus. 

Konsequenzen für die Fütterung von Hauspferden

Aus diesen Infos lässt sich nun ableiten, dass das „Wie“ in der Pferdefütterung lauten muss:

Große Mengen nährstoffarmer Nahrung über einen langen Zeitraum füttern. 

Da „große Mengen“ natürlich relativ sind, gilt als Faustregel: mindestens 1,5 kg Heu pro 100kg Körpergewicht. Für ein 500kg schweres Pferd wären das 1,5 x 5 = 7,5 kg Heu pro Tag als Mindestmenge.

Faustregel Pferdefütterung
Faustregel Pferdefütterung

Immer wieder liest man auch von 1kg Heu pro 100kg Körpergewicht, im Sinne der Tiergesundheit empfehlen wir aber deutlich höhere Mengen – je nach Heuqualität, Bewegung und Bedürfnissen des Pferdes können die empfohlenen 1,5kg auch deutlich überschritten werden. 

Am besten wird Heu aus Netzen auf Bodenhöhe gefüttert, da dies der natürlichen Haltung beim Fressen am nächsten kommt und so Verspannungen u.ä. vorbeugt. Die Netze sorgen dafür, dass die Fresszeiten verlängert werden und sollten daher eine eher kleine Maschenweite aufweisen. 

Anmerkung: Das Fressen durch zu enge Maschen, ev. noch in Verbindung mit höher gehängten Netzen (oder auch Rundballen in Raufen), kann sich negativ auf die Pferde auswirken. Die dadurch entstehenden Bewegungen und ungünstige Körperhaltung können zu Beschwerden im Nacken- und Rückenbereich führen.

Frisches Wasser muss jederzeit einfach zugänglich sein (Achtung bei Gruppenhaltung: damit auch rangniedere Tiere häufig genug zur Tränke kommen, sollten mind. 2 Trinkgelegenheiten zur Verfügung stehen oder die Gegebenheiten zumindest so geregelt sein, dass es rund um die Tränke keine Engstellen gibt). 

„Futteraufnahme, Stoffwechsel und Verdauung sind bei Pferden sensible physiologische Vorgänge, die unter Naturbedingungen sehr gut funktionieren, aber in einer typischen Kulturhaltung mit vielen Störfaktoren kollidieren können.“ 

Bender, Ritter, 2008. Praxishandbuch Pferdegesundheit

Das „Was“

Hätte man ausreichend große Flächen und entsprechende Böden, könnten sich Pferde – zumindest in der Sommersaison – auch ausschließlich von Gras ernähren. Da das in der Hauspferdehaltung aber in der Regel nicht möglich ist, wird hier auf die Fütterung mit Heu eingegangen. 

Wie oben bereits erwähnt, ist der Pferdekörper auf die Aufnahme nährstoffarmer Nahrung spezialisiert. Spät geschnittenes Heu kommt dieser natürlichen Nahrung in der Regel am nächsten. Spät geschnittenes Heu deshalb, weil das Gras mit der Zeit nährstoffärmer wird und so den Körper des Pferdes nicht belastet. 

Hochqualitatives Heu sollte immer die Basis in der Pferdefütterung darstellen, unabhängig von Alter, Nutzung und Rasse. 

Da aber auch in gutem Heut meist nicht alle nötigen Nährstoffe ausreichend vorhanden sind, sollte die Fütterung mit einem passenden Mineralfutter ergänzt werden. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann sein Heu testen lassen und anschließend das Mineralfutter entsprechend auswählen und anpassen. 

Das in der Pferdefütterung so beliebte Kraftfutter ist – *Trommelwirbel* – oft gar nicht nötig. Viele der häufig verwendeten Inhaltsstoffe sind im Grunde wertlos für das Pferd, besonders, wenn es keine schwere körperliche Arbeit leisten muss. Ein regelmäßig genutztes Freizeitpferd kommt in der Regel mit einer der Nutzungsintensität angepassten Menge Heu (sprich: viel), gutem Mineralfutter und vielleicht etwas Hafer völlig aus. Diese Art der Fütterung entspricht den Bedürfnissen des Pferdes und tut ihm sowohl physisch als auch psychisch gut. 

Sollte dein Pferd alt, zu dünn oder schwerfuttrig sein, sollte immer zuerst die Heumenge erhöht werden, nicht die Kraftfuttermenge!

Wichtig: Pferde sollten leistungsgerecht gefüttert werden. Die meisten Reiter und Pferdebesitzer (auch viele sehr erfahrene) verschätzen sich hier. 

Wenn Kraftfutter gefüttert wird, ist dabei auf eine gut verträgliche Basis und eine gesunde Zusammensetzung zu achten. Das bedeutet konkret, dass auf stark zuckerhaltige Stoffe und „Füllstoffe“ (die die Menge strecken, ohne selbst einen echten Mehrwert zu bieten) verzichtet wird. Viele Hersteller bieten inzwischen heubasierte Kraftfutter, die in der Regel gut verträglich sind. 

Die biologische Konsequenz der natürlichen Art der Ernährung des Pferdes sind ein kleiner Magen und ein sehr langer Darm. Da Pferde außerdem nicht erbrechen können ist zu vermeiden, dass sich Pferde mit Heißhunger auf Kraftfutter stürzen, das im Magen aufquillt und/oder nicht genügend für den Weitertransport in den Darm vorbereitet werden kann. Am besten gelingt dies, indem man die Pferde vor der Kraftfuttergabe mit Heu füttert

Grafik_Das kleine 1x1 der Pferdefütterung
Grafik_Das kleine 1×1 der Pferdefütterung

Spezialfälle

Die oben angeführten Richtlinien gelten prinzipiell für alle Pferde. Es gibt aber natürlich Fälle, in denen die Fütterung speziell angepasst werden sollte.

Schwerfuttrige, alte, kranke, sich im Wachstum befindende, trächtige, laktierende, intensiv gearbeitete Pferde oder Pferde, die bei kaltem Wetter viel Zeit im Freien verbringen, haben einen erhöhten Kalorienbedarf. Hier kann es sich anbieten, die Heugabe zu erhöhen (bis hin zu freiem Zugang zu Raufutter rund um die Uhr) und/oder den Umständen angepasstes Kraftfutter zuzufüttern. Unbedingt beachtet werden sollte auch, dass sich nicht nur der Kalorien- sondern auch der Nähr- und Mineralstoffbedarf stark ändern kann. Am besten bespricht man den Bedarf des Pferdes mit einem in Ernährungsthemen kompetenten Tierarzt. 

Besonders leichtfuttrige und übergewichtige Pferde stellen ihre Besitzer vor das gegenteilige Problem: Hier muss die Kalorienzufuhr reduziert, die ausreichende Versorgung mit Nähr- und Mineralstoffen aber dennoch sichergestellt werden. Am besten ist dies mit einer Fütterung aus Heunetzen, dem Verzicht auf Kraftfutter und der Gabe eines speziell abgestimmten Mineralfuttermittels zu gewährleisten. Heunetze sollten deshalb verwendet werden, weil sie die Fressdauer massiv verlängern und so eine für den Verdauungstrakt gesündere Art der Nahrungsaufnahme für das Pferd bieten. 

Prävention

Die richtige Fütterung tut dem Pferd nicht nur gut, sie kann auch Krankheiten, Beschwerden und gesundheitlichen Schäden vorbeugen. So lässt sich etwa die Wahrscheinlichkeit des Auftretens der unter Pferdebesitzern so gefürchteten Kolik oder von Magengeschwüren durch die korrekte und angepasste Fütterung deutlich reduzieren

Als Beispiel: Die Pferdeklinik der Universität Zürich fand bei 57.1% einer Population aus unterschiedlich genutzten Pferden Magenulzera (=Magengeschwüre). Verantwortlich dafür machten sie „überhöhte Kraftfuttergaben, zu seltene und mengenmässig zu geringe Heufütterung pro Tag sowie [den] Einsatz von hygienisch nicht einwandfreien Futtermitteln und mangelhafte Bewegung“ (Feige, Fürst, Eser).

Daraus wird sehr deutlich, wie wichtig es ist, sich tiefergehend mit diesem Thema auseinanderzusetzen.

Fazit

Pferde sollten große Mengen Raufutter und kleine, auf den Bedarf abgestimmte Mengen Mineral- und Kraftfutter fressen. Die Fresszeiten sind möglichst lange zu gestalten, Spezialfälle sollten immer mit einem Tierarzt besprochen werden. 

Quellen: 

K. Feige, A. Fürst, M. Wehrli Eser (2002). Auswirkungen von Haltung, Fütterung und Nutzung auf die Pferdegesundheit unter besonderer Berücksichtigung respiratorischer und gastrointestinaler Krankheiten. Universität Zürich.

Ingolf Bender, Tina Maria Ritter, (2008). Praxishandbuch Pferdegesundheit. Kosmos.