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Haltung / Gesundheit

Wechselbeweidung – Ein unterschätztes Potential im Weidemanagement

Inhalt

Heute möchten wir uns um das Thema Weide kümmern und wie ihr sie bestmöglich nutzen und pflegen könnt. Im Detail schauen wir uns dabei die Möglichkeit der Wechselbeweidung mit anderen Tierarten an. Diese Möglichkeit der Weidepflege findet unserer Meinung nach viel zu selten Anwendung in der Praxis, dabei ist sie so simpel wie effektiv.

Probleme der reinen Pferdeweide

Jede/r, der/die sich bereits um Weidepflege in der Pferdehaltung kümmern musste, kennt die Probleme. Pferde neigen dazu, immer an die selben Stellen zu koten und urinieren, es entstehen quasi Toiletten-Bereiche. Da Pferde gleichzeitig sehr reinlich sind und niemals dort fressen würden, wo ihre Hinterlassenschaften liegen, wird in diesen Bereichen auch der Bewuchs nicht klein gehalten. Es entstehen so genannte Geilstellen (Zeitler-Feicht, 2008). Solche Stellen können aber auch entstehen, wenn die Pferde etwas anderes stört und sie einen Bereich beim Fressen meiden. Beispielsweise können das Pflanzen sein, die sie einfach nicht gerne fressen.

Hinzu kommt je nach Größe der Weidefläche und Anzahl der Tiere darauf das Problem des Parasitenbefalls. Je dichter eine Weide mit Tieren besetzt ist, desto größer die Kontamination. Ist der Besatz viel zu dicht, sind die Pferde außerdem dazu gezwungen, zu dicht an den Toiletten-Stellen zu fressen und setzen sich einer zusätzlich Belastung aus. Empfohlen wird in der Praxis eine Fläche von etwa 2 ha pro Pferd (Koopmann & Epe, 2002).

Selbst dem lästigen Ampfer kann man mit einer Wechselbeweidung erfolgreich begegnen.
Quelle: Pixabay.com

Natürlich sollten Pferde regelmäßig entwurmt und durch gutes Weidemanagement der Wurmbefall möglichst niedrig gehalten werden. Aber durch die ein oder andere gängige Praxis, wird die Parasitendichte auf Weideflächen oft eher unterstützt.
Dazu gehört beispielsweise das Mulchen und Abschleppen der Weiden. Dadurch wird der Kot der Tiere auf der gesamten Fläche verteilt. Das ist zwar ein guter Pflanzendünger, jedoch verteile ich gleichzeitig auch die Parasiten. Je nach anschließender Ruhezeit, ist diese Methode nicht optimal (Zeitler-Feicht, 2008).

Studien belegen, dass ein regelmäßiges absammeln der Pferdeäpfel auch von Weideflächen den Wurmbefall eines Bestandes enorm verringern kann. Die Eiaussscheidung der Pferde verringerte sich signifikant, je öfter diese Maßnahme durchgeführt wurde (Lyons et al, 1999). Wir wissen, wie mühsam das ist und dass diese Praxis nicht in jedem Betrieb umsetzbar sein wird. Aber gerade im privaten Bereich könnte man doch über einen wechselnden „Abäppel-Dienst“ nachdenken oder alle paar Wochen ein gemeinsames Stallevent daraus machen 🙂

Denn leider ist es in der Praxis so, dass inzwischen viele Wurmkurmittel gar nicht mehr wirken und uns die Wirkstoffe ausgehen. Das Prinzip der selektiven Entwurmung sei an dieser Stelle genannt. Hierbei werden zunächst Kotproben der Pferde gesammelt und eingeschickt. Nach einer Probe im Labor wird dann wirklich nur das nötige Wurmmittel eingesetzt und kein Breitband-Antiparasitikum. Aber das ist ein großes eigenes Thema und soll hier nur kurz erwähnt sein.

Die Weiderotation (etwa alle 3 Monate) bzw. Wechselbeweidung mit anderen Tierarten wird außerdem empfohlen, um die Kontamination der Weiden möglichst gering zu halten (Honeder, 2015; Koopmann & Epe, 2002).
Leider werden all diese Maßnahmen noch zu selten ergriffen und ein gutes Weidemanagement bekommt in der Praxis oft nicht die verdiente Aufmerksamkeit. Dabei ist es so wichtig, damit unsere Pferde gesund bleiben und unsere Wiesen gut gepflegt.

Prophylaxemaßnahmen sind dabei in pferdehaltenden Betrieben unterschiedlich stark vertreten. Weiderotation wird zu etwa 75 % durchgeführt, das Entfernen von Geilstellen zu 66 % , aber das wechselnde Beweiden mit anderen Tierarten nur zu 17 % ( Neubert & McDanie, 2020)! Ein Potential, das viel zu selten ausgeschöpft wird.

Geeignete Tierarten für die Wechselbeweidung

Kühe sind optimale Partner der Wechselbeweidung mit Pferden.
Quelle: Pixabay.com
Ebenso eignen sich Schafe im Wechsel mit Pferden für die Pflege von Weideflächen.
Quelle: Pixabay.com

Für die Praxis der Wechselbeweidung ist nun die erste und wichtigste Frage – welche Tierarten eignen sich denn überhaupt? Grob gesagt: es sollten Wiederkäuer sein. Dabei funktioniert das Ganze mit Rindern ebenso gut wie mit Schafen (Koopmann & Epe, 2002).
Nachdem die Weide von den Pferden abgefressen wurde (es sollte natürlich nicht bis auf die Grasnarbe alles weg sein), profitieren im Nachgang Rinder und Schafe vom übrigen Bewuchs. Sie fressen das, was die Pferde stehen gelassen haben, sodass sich danach die Weide wunderbar erholen und wieder aufwachsen kann. Oft sind nach dem Einsatz der Wiederkäuer auch lästige Probleme mit für Pferdeweiden typischen Unkräutern passé.
Die Tiere können dabei aber auch gleichzeitig auf der selben Fläche gehalten werden, wenn das Zusammenleben gut funktioniert.

Natürlich muss man sich auch Gedanken über die Rasse der eingesetzten Wiederkäuer machen. Hochleistungsrinder aus der Industrie sind eventuell nicht die passenden Kandidaten. Je nach dem wie die Stallsituation aussieht, bieten sich eher (alte) robuste Rassen an, die extensiv gehalten und mit einem geeigneten Unterstand dann auch 24h lang draußen bleiben können.

Zu beachten ist außerdem noch die Art der Einzäunung der Weideflächen. Andere Tierarten unterstehen anderen gesetzlichen Regelungen. Während bei einer Rinderhaltung ein einfacher Stromzaun reicht, muss man bei Schafen eventuell etwas nachbessern. Sind beispielsweise Lämmer geplant, sollte die unterste Litze bei 30cm liegen, damit die Kleinen nicht durch den Zaun schlüpfen. Auch sind Schafe durch ihre dicke Wolle unempfindlicher bei Stromzäunen. Manchmal muss deshalb die Leistung etwas angepasst werden.

Nachteile der Wechselbeweidung

Natürlich brauche ich für die Wechselbeweidung zusätzliche Tiere, die vielleicht sogar nur für diesen Zweck angeschafft werden. Das kann nicht jeder Betrieb leisten. Denn auch diese Tiere wollen artgerecht leben und brauchen passende Stallungen/Unterstände, Pflege, tägliche Kontrolle und Betreuung. Auch hier muss der Tierarzt regelmäßig ran und die Klauen wollen auch gepflegt sein. All das sind selbstverständlich Punkte, die gut überlegt sein wollen. In Betrieben, die wirtschaftlich denken müssen, lohnt sich eine ganz nüchterne Gegenrechnung: Wie viel Aufwand muss ich derzeit für die Weidepflege aufwenden und wie viel Arbeitserleichterung würde eine Wechselbeweidung wirklich bringen?

Handelt es sich jedoch um einen (kleinen) Privatstall kann die Haltung von (bedrohten) seltenen Nutztierrassen durchaus seinen ganz eigenen Charme haben. Da muss jede/r für sich entscheiden, welcher Weg gangbar ist.

Auch Kühe wollen artgerecht gehalten und verpflegt werden.
Quelle: Pixabay.com

Neben dem reinen Kostenfaktor, ist auch die Überlegung, ob die eingesetzten Wiederkäuer rein als Hobby und zum „hübsch aussehenden Rasenmäher“ angeschafft werden sollen, oder ob auch diese Tiere einen wirtschaftlichen Nutzen bringen sollen. Denkbar ist beispielsweise die Verwertung von Fleisch, Milch und Wolle. Auch das können wiederum Chancen und Belastungen für den Betrieb zugleich darstellen.

In manchen Gegenden Deutschlands muss man sich auch zunehmend Gedanken um den Umgang mit dem Wolf machen. Der in Deutschland (eigentlich) natürlich vorkommende Wolf war so lange aus unserer Natur vertrieben, dass wir ihn nun oft als neue Bedrohung wahrnehmen. Dabei haben wir einfach nur verlernt mit ihm zu leben. Aber natürlich stellt er eine Gefahr für unsere Tiere dar und der Schutz der Tiere muss bedacht sein. Auch hier gibt es genügend Möglichkeiten, sodass das Vorkommen von Wölfen in der Gegend kein Gegenargument sein sollte. Wir möchten es an dieser Stelle nur der Vollständigkeit halber erwähnt haben.

Vorteile der Wechselbeweidung

Die Vorteile der Wechselbeweidung von Wiederkäuern und Pferden liegen klar auf der Hand. Die Nutzung von Weideflächen durch beide Tierarten ist eindeutig vorteilhaft für den Pflanzenbestand, da sie unterschiedliches Fressverhalten zeigen und somit eine ganzheitliche Nutzung der Weide garantieren. Mit dem passenden Management rund um die Fresszeiten (bspw. genügend lange Ruhephasen für die Flächen) entstehen wunderbare Grünflächen für unsere Tiere.
Geilstellen der Pferde werden durch Rinder und Schafe reduziert, Pflanzen, die von der einen Art stehen gelassen werden, werden von der anderen gefressen.

Auch die Vielfalt an Tierarten kann einen Betrieb attraktiver machen. Der Trend geht Richtung ursprünglicher Landwirtschaft und den Erhalt alter, seltener Rassen. Das kann eine Chance für den Betrieb sein.

Stimme aus der Praxis

Ingrid inmitten ihrer Pferde

Wir hatten die Gelegenheit, ein paar Fragen an eine erfahrene Pferde- und Rinderzüchterin aus der Eifel zu stellen und möchten euch die Antworten natürlich nicht vorenthalten 🙂
Ingrid Lessmann hat mit ihrem Mann Theo eine Wanderreitstation mit kleiner Camarguepferde- und Gallowayrinder-Zucht betrieben und kann den Nutzen der Wechselbeweidung aus erster Hand beschreiben.

Der Krumbacher Hof in der Eifel ist herrlich gelegen und lädt zum Urlaub in der Natur ein. Der Reitbetrieb ist heute leider eingestellt, aber die süßen Ferienhäuser könnt ihr noch immer mieten.
Leonie hat vor vielen Jahren dort ihr erstes Praktikum im Pferdebereich gemacht und war immer begeistert von ihren Wochen auf diesem Hof mit ursprünglicher Zucht und artgerechter Pferdehaltung.

Interview:

Du hast lange einen Wanderreitbetrieb und eine kleine Zucht mit Camarguepferden in der Eifel geführt. Wie viele ha Land/Wiesen hast du dazu etwa zur Verfügung?

Zum Hof gehören arrondiert 15H, dazu gepachtet waren (damals) etwa 10H also zusammen 25H.

Nebenbei hattest du eine kleine Herde Galloway-Rinder. Hast du diese bewusst im Wechsel mit deinen Pferden weiden lassen?

Ja habe ich, aber teilweise auch zusammen, also nicht getrennt. Es waren 1 Zuchtbulle, 4 Kühe und die Nachzucht – alle Herdbuch also mit Abstammungspapieren und gekört. Dann hat man die gute Möglichkeit auch Jungtiere an andere Züchter zu verkaufen und nicht nur für den Kochtopf zu züchten.

Welche positiven Effekte konntest du aus einer Wechselbeweidung ziehen? (Weniger Wurmbefall, weniger Geilstellen, besseres Abfressen der gesamten Weide …? )

Ja viel gleichmäßigeres Abfressen, selbst Ampferpflanzen in der Blüte wurden von den Gallos geköpft! Mit Verwurmung hatten wir keine sichtbaren Probleme. Damals hatte ich viele Jungpferde, die sind ja etwas empfänglicher. Heute habe ich nur noch Altpferde und nur 1 Kuh. Ich kann nicht sagen das die Verwurmung zugenommen hat ohne Rinder – wir sammeln nicht ab, haben Wechselweide mit langen Ruhezeiten, mulchen und schleppen auch. Ich entwurme nur 2 mal im Jahr, früher 3 – 4 mal wegen der Jungpferde.
Ich möchte noch sagen, dass der Mistzugang über die Rinder sehr positiv war. Wir benutzen ja keine Kunstdünger seit nun etwa 15 Jahren.

Welchen Aufwand hat die zusätzliche Rinderhaltung für dich bedeutet? (Zeitlich, Monetär, … ?)

Zeitaufwand ist wie bei einem extensiv gehaltenen Pferd, die Futterkosten auch.

Würdest du das System Wechselbeweidung Pferde – Wiederkäuer auch anderen Betrieben empfehlen?

Ja auf jeden Fall wenn genug Fläche da ist!!! In der jetzigen Zeit besteht auch wieder eher der Kaufwunsch nach „glücklichem Fleisch“ was dann auch bezahlt wird.
Aber so ein Rind hat die selben Ansprüche wie ein Robustpferd, es möchte nicht im Matsch versinken usw. das sollte sich bitte jeder gut überlegen.

Ich habe jetzt 11 Pferde und die 1 Kuh, 15 H – also über 1 H pro Kleinpferd/Kleinhuh – da funktioniert das gut. Das Land ist etwas karg, ich kann mir gut vorstellen zum Beispiel im Rheinland 20 Tiere ohne Probleme zu halten. Meine Freundin hat 8 Camarguepferde auf 5 H und macht gerade noch Heu! Sie düngt auch nichts.

Vielen lieben Dank Ingrid, dass du dir die Zeit genommen hast! Wir wünschen dir und den Tieren alles Gute für den weiteren Weg. 🙂

Fazit

Die Wechselbeweidung von Pferdeweiden mit Wiederkäuern findet in der Praxis eher selten Anwendung. Dabei ist diese Methode der Weidepflege sehr ursprünglich und effektiv. Viele Betriebe könnten von diesem System profitieren. Allerdings will die Anschaffung von Rindern oder Schafen trotzdem gut überlegt sein, denn auch sie haben Bedürfnisse, die gestillt und beachtet werden müssen. Auch die Flächen für eine Wechselbeweidung müssen vorhanden sein, sonst ist das Projekt von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Sind die Rahmenbedingungen jedoch gegeben, kann dieses System wunderbar funktionieren und dem Betrieb ganz neue Möglichkeiten eröffnen.


Quellen:

Lyons, E.T., Tolliver, S.C., Drudge, J.H., (1999). Historical perspective of cyathostomes: prevalence, treatment and control programs. Vet. Parasitol.85, 97-112.

Honeder, A. (2015). Selektive anthelmintische Therapie bei Pferden im Raum Salzburg und Oberbayern. Veterinärwissenschaftlichen Department der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München

Koopmann, R. & Epe, C. (2002). Die gängige Entwurmungspraxis – noch zeitgemäß? Deutsche Schafzucht (7). 164-168.

Neubert, A. & McDanie, C. (2020) Wie man den Wurm los wird – Pferdeentwurmung inklusive Risiken und Nebenwirkungen. Deutsches Tierärzteblatt (1)68. 25-28

Zeitler-Feicht, M. H. (2008). Handbuch Pferdeverhalten. 2. Auflage. Ulmer Verlag: Stuttgart.